Es ist immer wieder erstaunlich, welche Überraschungen Havanna gerade im Bereich der Kunst für den aufmerksamen Betrachter bereit hält. Manchmal muss man nur auf seine Füße achten und stolpert über Kunst. So gibt es zwischen dem Malecón und der Calle J auf beiden Seiten der Calle 23 allerhand Boden-Mosaiken maßgeblicher kubanischer Künstler des 20. Jahrhunderts. Insgesamt finden sich 15 unterschiedliche Motive, wobei 2003 ein 16. hinzugefügt wurde.
Die Entstehungsgeschichte der Mosaik-Kunst
Anlässlich des 7. Kongresses der Internationalen Vereinigung der Architekten in Havanna im Jahr 1963 mit dem Thema „Architektur in unterentwickelten Ländern“ wurden nahmhafte Künstler Kubas mit der Gestaltung beauftragt. Die Reihe der Künstler, die einen Beitrag geleistet haben, liest sich beeindruckend. Die Generation der im frühen 20. Jahrhundert geborenen ist vertreten – mit einer Ausnahme. Darunter sind Cundo Bermúdez, Salvador Corratgé, Sandú Darié, Antonia Eiriz, Wifredo Lam, Guido Llinás, Raúl Martínez, Luis Martínez Pedro, Amelia Peláez, René Portocarrero, der Architekt Antonio Quintana, Mariano Rodríguez, und Antonio Vidal.
Insgesamt lassen sich 180 Mosaiken auf der La Rampa finden. Das Material der Mosaiken ist Granit in unterschiedlichen Farbtönen. Hergestellt wurden sie in der Werkstatt der Architekten Fernando Salinas und Eduardo Rodríguez. Die 15 Designs wiederholen sich mehrfach. Ebenfalls ist ihr derzeitiger Zustand sehr unterschiedlich – von gut erhalten bis stark beschädigt.
Ein Rundgang, um alles zu sehen
Wer die 180 Kunst-Mosaiken in seiner Vollständigkeit genießen will, hat zwei Möglichkeiten. Entweder man startet an der Ecke Malecón und La Rampa unterhalb des Hotel Nacional. Dann läuft man bis zur Calle J hoch, macht einen Abstecher in den Parque del Quijote de las Américas – dort ist das einzige und 16. Kunst-Mosaik zu sehen – und zurück auf der anderen Straßenseite zum Malecón. Oder eben von oben zum Malecón und zurück.
Die Mosaiken im Einzelnen
Dank der beiden Webseiten von Eufrates del Valle und Arquitectura Cuba war die Zuordnung zu den Künstlern möglich:
Cundo Bermúdez: Geboren 1914 in Havanna und 2008 in Miami gestorben. Studierte an der Staatsschule der Schönen Künste in Havanna zwei Jahre Malerei, um später an der Universität Havanna Jura und Sozialwissenschaften abzuschließen. Er war Mitbegründer der Vereinigung der Maler und Bildhauer Kubas. Sein Schaffen wurde international gewürdigt und es finden sich Ausstellungsstücke berühmten Museen der Welt. | |
Salvador Corratgé: Geboren 1928 in Havanna und 2014 in Miami gestorben. Studierte an der „Escuela Elemental de Artes Aplicadas“ und an der Universität Havanna Architektur. Er war Mitglied der Gruppe der „Diez Pintores Concretos“ u.a. mit Sandú Darié sowie Luis Martínez Pedro. Als Kulturattaché in Prag und Korea verantwortete er u.a. die Gründung des Hauses der kubanischen Kunst in Prag. Sein Schaffen wurde vielfach international ausgezeichnet. | |
Sandú Darié: Geboren 1908 in Roman, Rumänien und 1991 in Havanna gestorben. Er studierte Jura an Universität von Paris und betätigte sich dabei bereits als Kunstkritiker für rumänische Zeitungen. 1941 emigrierte er nach Kuba und wurde Staatsbürger. Er war in der lateinamerikanischen Künstlergruppe Madí engagiert. Ab Ende der 40er Jahre hatte er Ausstellungen – national und international. Er war Mitglied der Gruppe der „Diez Pintores Concretos“. | |
Antonia Eiriz: Geboren 1929 in Havanna und 1995 in Miami gestorben. Studierte an der Staatsschule der Schönen Künste im Havanna der 50er Jahre, wo sie auch ihre ersten Ausstellungen hatte. Schnell avancierte sie zu einer bedeutenden Vertreterin kubanischer zeitgenössischer Kunst und war international vertreten. Ab den 60er Jahren arbeitete sie als Kunstprofessorin in Havanna. Danneben erhielt sie internationale Kunstpreise und hatte Ausstellungen in verschiedenen Ländern. | |
Wifredo Lam: Geboren 1902 in Sagua la Grande und 1982 in Paris gestorben. Studierte an der Kunsthochschule in Havanna und Madrid. Siedelte 1938 nach Paris über und war mit Pablo Picasso bekannt. 1941 kehrte er nach Kuba zurück. Er pendelte zwischen Paris, Kuba und den USA. Seine surrealistische Malerei war vom Santería-Kult beeinflusst, den eine Patin praktizierte. Seine Kunst ist weltweit in über 100 Ausstellungen gezeigt worden. | |
Guido Llinás: Geboren 1923 in Pinar del Rio und 2005 in Paris gestorben. In den 40er Jahren begann er in Pinar del Rio ein Kunststudium und an der Universität absolvierte er ein Pädagogik-Studium. Er war Teil der Künstlergruppe „Los Once“. Seit 1953 lebte er in Paris. Er stellte national und international aus. | |
Raúl Martínez: Geboren 1927 in Ciego de Avila und 1995 in Havanna gestorben. Er studierte in Havanna an der San Alejandro Akademie Kunst. Er war bekannt für seine abstrakte Malerei und malte auch Pop Art. | |
Luis Martínez Pedro: Geboren 1910 in Havanna und 1989 ebendort gestorben. Studierte ab 1929 an der Akademie der Schönen Künste in Havanna für kurze Zeit und setzte sein Studium in New Orleans fort. Ab den 30er Jahren Ausstellungen in Havanna und international. War Teil der Gruppe der „Diez Pintores Concretos“. | |
Amelia Peláez: Geboren 1896 in Yaguajay und 1968 in Havanna gestorben. Studierte an der Akademie der Schönen Künste in Havanna. Studien in den USA, Frankreich, Italien u.a. folgten. Neben Malerei auch Kermik und Mosaik. Internationale Ausstellungen und Preise. Wandmosaik des Habana Libre ist von ihr. | |
René Portocarrero: Geboren 1912 in Havanna und dort 1985 gestorben. Er studierte kurzzeitig in Havanna, reiste durch Europa und Amerika. Er stellte international aus, erheilt viel Preise. Lebte in den 50er Jahren mit Amelia Perez, Wifredo Lam u.a. in der Nähe von Havanna. | |
Antonio Quintana: Geboren 1919 und 1993 in Havanna gestorben. Einer der führenden Architekten Kubas. Er studierte an der Architektur-Schule der Universität Havanna. Es folgten in den 50er Jahren viele Aufträge für den Bau von Gebäuden in Havanna. | |
Mariano Rodríguez: Geboren 1912 in Havanna und auch dort 1990 gestorben. Er studierte an der Kunsthochschule für Plastik in Havanna vor dem Abitur. Eingeschriebener Student wurde er jedoch nicht. Er ging nach Mexiko und hatte ab den 30er Jahren Ausstellungen und war international geehrt. | |
Antonio Vidal: Geboren 1928 in Havanna und 2013 dort gestorben. War Mitglied der Gruppe „Los Once“. Neben Malerei hat er u.a. Grafikdesign und Skulpturen entworfen. Er hatte viele Ausstellungen – allein und mit Künstlern – und wurde in Kuba hoch geehrt. |
Das Gestalten geht weiter
José Miguel Pérez Hernández: Geboren 1950 in Santa Clara. Er besuchte die Kunstschule in Santa Clara und die Universität Havanna (ISA). Es folgten Ausstellungen in Kuba und international. |
Das letzte Bild wurde zum 40. Jubiläum im Jahr 2003 hinzugefügt. Dabei gewann der Maler José Miguel Pérez Hernández einen Wettbewerb und durfte als erster Künstler die ursprünglichen Mosaiken erweitern. Weitere Mosaiken sind geplant, aber noch nicht umgesetzt. Wer sich schonmal ein Bild machen möchte, sollte sich den Blogbeitrag von Eufrates del Valle ansehen.