Zucker ist für Kuba, was Getreide für die USA, Kaffee für Brasilien oder Tee für Japan ist, so der Reiseführer „Terry’s Guide to Cuba“ von 1929. Auf Kuba wurde vor ein paar Tagen offiziell die Zuckerrohrernte – Zafra – beendet, wie amerika21 jüngst berichtete. Kuba war einstmals der weltgrößte Produzent für Zucker. Ein Anteil von 25% an der Weltzuckerernte war der Markstein für die süßeste Insel der Welt. Es wurde so viel Zucker produziert und auf dem Weltmark verkauft, dass die Zuckerbarone Kubas sogar den Preis des weißen Goldes beeinflussen konnten.
Mit dem Industriezweig Zucker wurde der Grundstein für den „Tanz der Millionen“ in den 1920er Jahren gelegt. Diese Zeiten sind jedoch vorbei. Durch externe und interne Probleme ist die Produktion bis zum Jahr 2009, dem historischen Tiefstand, auf 1,1 Millionen Tonnen gesunken. Nun in diesem Jahr liegt die offizielle Zahl bei 1,6 Millionen Tonnen und damit 0,2 Millionen unter der Zielmarke.
Es geht also langsam mit dem Zucker wieder aufwärts. Was mich jedoch besonders interessiert ist die Frage, wie Kuba zum bedeutendsten Produzenten für Zucker aufsteigen konnte. Und vor allem wie sah es damals aus mit den Produktionszahlen? Leider gibt es auf der offiziellen Statistik-Seite nur Zahlen, die in die wenige Jahre zurückreichen. Also muss das Internet herhalten und ich habe mal recherchiert.
Zunächst interessierte mich die Produktion, die vor Revolution erreicht wurde. Dabei bin ich auf diese Seite mit einem Vergleich vor und nach der Revolution gestoßen. Hier wird die Produktion im Jahr 1958 mit über 7 Millionen Tonnen angegeben. In den zwanziger Jahren werden 5 Millionen Tonnen pro Jahr angegeben. Dieser Industriezweig ist somit einer der wichtigsten Indikatoren für die wirtschaftliche Gesundheit der Insel gewesen.
Seit 1520 wird Zuckerrohr auf Kuba kultiviert. Diego de Velásques brachte die Pflanze in die Karabik und nach Kuba. Ursprünglich stammte sie aus Asien und kam mit den Arabern nach Europa. Ihre Ursprünge verlieren sich in Urzeiten in der Südsee. Jedoch erst im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde die landwirtschaftliche Zuckerrohrproduktion wichtig. Das lag zum einen am Rum als auch an der Melasse des Zuckerrohr. Innerhalb von 200 Jahren wurde die Produktion verbessert und mit dem Start des 19. Jahrhunderts war Kuba ganz vorn mit dabei. Die Ernte wurde von afrikanischen Sklaven und chinesischen Trägern eingebracht.
Es gab bis zur Revolution ca. 60.000 Bauern, die ihre Produktion an die Zuckermühlen verkauften. Das Geschäft war sicher für die meisten Bauern nicht sehr lukrativ, aber war als Zubrot sicher von einiger Bedeutung.
Bis in die 1980er Jahre konnte die Zuckerproduktion mit Unterstützung der RGW-Staaten aufrecht erhalten werden. Wirklich herausragende Ernten konnten jedoch nicht eingefahren werden. Die Produktion brach im Verlauf der Sonderperiode jedoch regelrecht ein und hat Anfang der 2000er Jahre immer mehr an Bedeutung verloren, als verkündet wurde, dass die Zuckerproduktion für Kuba keine Bedeutung mehr hat. Kuba wollte sich damit von den Schwankungen des Preises für Zucker unabhängiger machen. Leider gab es jedoch keinen guten Plan B für das Land. Zuckermühlen wurden landesweit stillgelegt und die Wirtschaft auf andere Zweige fokussiert. Dieser Weg wurde mittlerweile wieder korrigiert und es gibt ein Programm zur Reanimation von alten Zuckermühlen. Wollen wir mal hoffen, dass es gelingt, die Produktion wieder hochzufahren.