Das Shanghai-Theater in Havannas Chinatown ist Legende. Roderico Neyra – kurz Rodney genannt – machte das Shanghai für seine Shows berühmt. Es war ein Mix aus Sex, Musik, Tanz und humoristischen Einlagen. In den späten 1950er Jahren gingen alle Bevölkerungsgruppen und Schichten ins Shanghai. Egal ob Ausflug von Sekretärinnen oder Junggesellenabschied – wer nach Havanna kam, musste ins Shanghai. Graham Greene schrieb in seiner Autobiografie darüber, dass er mit einer Freundin mehrfach dort weilte und beide die Obszönitäten genossen.
Ob es wirklich für alle ein Genuss war, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Auf alle Fälle passte das Theater ins Geschäftsmodell vom Havanna unter Batista. Neben Glücksspiel sollte es alle Arten von Zerstreuung für die Touristen geben.
Block, wo das Shanghai zu finden gewesen sein sollte
Escuela Cubana Wushu - alternativer Standort des Shanghai
Zanja 205 - weiterer möglicher Standort des Shanghai
Anfangs seriöses Theater
In den frühen 1930er Jahren wurde das Shanghai gegründet. Ursprünglich war es als seriöses Theater für orientalisches Drama eröffnet worden, aber mit mehreren Besitzerwechseln wurde es eher für seine erotisch-exotischen Tanz-Shows berühmt.
In den 1940er Jahren kam Rodney zum Theater und produzierte hier Burlesque-Shows und Nackt-Theater. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden seine Aufführungen immer vulgärer. Schließlich bezeichnete das Magazin Cabaret die Shows im Shanghai als die nacktesten weltweit.
Es gab jeden Abend ab 21:30 Uhr drei Shows. Zwischen den Shows waren pornografische Filme zu sehen und der Eintrittspreis lag zwischen 0,65 $ für eine Bank in den Rängen und 1,25 $ direkt an der Bühne. Platz war für etwa 500 Personen im Parkett und nochmal 300 in den Rängen. Ein schwerer roter Vorhang zeugte von den Ursprüngen als seriöses Theater.
Der übliche Verlauf der Shows war folgendermaßen: Im ersten Akt tanzte ein Paar nach heißen Mambo-Rhythmen, wobei der Tänzer die Tänzerin Stück für Stück auszog. Schließlich tanzte die Dame komplett nackt den Rest des Stückes weiter. In den folgenden Teilen des Abends wurden die Hauptakte vorgeführt, die immer eine Form von Live-Sex enthielten.
Später vor allem Live-Sex-Shows
Von allen Live-Sex-Shows im Shanghai sind die mit Superman, die herausragendsten und am stärksten in Erinnerung geblieben. Er hatte einen 35-cm-Penis, der in der Show auch immer eine herausragende Rolle spielte. Oft schwebte er auf der Bühne auf einem Trapez ein, wo sein bestes Stück lässig im Wind wehte. Oder er hatte mit zwei oder drei Frauen nacheinander Sex auf der Bühne. Dies inspirierte Francis Ford Coppolla in seinem Film Der Pate II. Er machte Superman in seinem Film unsterblich. Superman selbst war eigentlich schwul, aber er füllte das Shanghai mit Touristenmassen.
Die sexuelle Erniedrigung der kubanischen Bevölkerung zur Unterhaltung der nordamerikanischen und europäischen Touristen war eines der schmutzigen Geheimnisse hinter der ganzen Sexindustrie Kubas. Die Mafia kontrollierte diese Industrie indirekt. Die italo-amerikanische Mafia steckte in dem Geschäft mit Prostitution und Pornografie mit drin, überließ oft aber die Arbeit vor Ort einheimischen „Geschäftsleuten“. Es gehörte zum Kalkül, durch die Prostitution und Pornografie die Geschäfte mit dem Glücksspiel besser am Laufen zu halten. Die Cabarets der Stadt waren immer auch eine Erweiterung der Casinos, die ganz klar von der nordamerikanischen Mafia kontrolliert wurden. Die Huren und die Sex-Darsteller waren die Schattenseite ein und derselben Medaille.
Standort des Shanghai
Leider ist es aus den Veröffentlichungen im Web nur sehr schwer herauszufinden, wo sich das Theater Shanghai wirklich befand. Es gibt Angaben von Zanja 205 über den Block Zanja zwischen Campanario und Manrique sowie die jetzige asiatische Kampfsportschule Escuela Cubana Wushu. Ich bleibe an dem Thema jedenfalls dran, denn das Rätsel will ich unbedingt lösen 😉
Hallo, Freunde des alten Kuba!
Havanna war für uns Seeleute neben Rio de Janeiro und Singapur der Hafen der Träume. Als Offiziersanwärter auf einem amerikanischen Tanker bin ich von 1957 bis 1958 (dann war die Revolution und dieser Penner Castro siegte über Batista) regelmäßig in Havanna gewesen. Mit monatlich $ 300 Heuer (damals DM 1.200)) war man ein kleiner König. An Land kostete ein ‚Cuba Libre‘ mit echtem Bacardi man gerade 10 Cents. Der Cuba Dollar war mit dem US-Dollar 1:1. Ganz Havanna war ein einziger Puff. Spielcasinos an jeder Ecke. Seinerzeit Alles von der Mafia beherrscht. Das berühmt-berüchtigte ‚Teatro Shanghai‘ und der weltberühmte ‚Bolero Nightclub‘ waren für uns ’sailors‘ ein absolutes muss! So kann ich mich auch an Mister Superman und andere Schwarze mit Riesenpimmeln erinnnern, die nicht nur einheimische Pornostars auf der Bühne bumsten, sondern auch amerikanische Touristinnen, die beim Anblick der schwarzen Modellathleten nicht widerstehen konnten und sich nach allen Regeln der Kunst ……. ließen.
Hallo Wolf,
was für eine geniale – und krasse – Zeit, da würde man gerne mal in der Zeit reisen und sich alles anschauen! Viele Kubabesucher suchen ja auch immer noch dem alten Havanna!
Dank dir für den Kommentar,
Dietmar